Ich hab den Längsten

Quelle: Anandtech – Zeit in Millisekunden, schneller ist besser

Linley Gwennap, via :

At this point, Apple has spent about $400 million to buy PA Semi and Intrinsity, tens of millions for a license to design its own ARM CPUs, and probably north of $100 million to support its CPU design efforts over the past four years. It appears that the end result will be that Apple ships a Cortex-A15-class CPU about three months before arch-enemy Samsung does. These three months happen to come during the big holiday buying season, during which the iPhone 5 could generate $25 billion in revenue. So that half billion dollars could be money well spent.

Ich hab den zitierten Text in den letzten zwei Tagen mehrfach gelesen und verstehe ehrlich gesagt den Sinn nicht, den Linley (wer oder was ist die Linley Group überhaupt?) im Kommentar über Samsung verstecken will.

Wenn ich es richtig interpretiere, so liefert Apple jetzt mit dem iPhone 5 einen Cortex-A15-ähnlichen Hauptprozessor aus und das iPhone könnte bis zu 25 Milliarden US$ an Einnahmen generieren. Deshalb seien die 500 Millionen Dollar gut investiert. Linley könnte meinen, dass Apple weil sie drei Monate lang den schnellsten Prozessor haben, mehr Geräte absetzt. Das setzt voraus dass die Benchmarks von den Käufern gelesen werden und die Kaufentscheidung auf Basis der Geschwindigkeit des Geräts getroffen wird.

Das halte ich, mit Verlaub, für kompletten Mumpitz, und stimme deshalb vollauf zu, dass der Seitenhieb auf Samsung Unsinn ist.

Wer im Jahre 2012 immer noch glaubt, dass Käufer ihre Geräte abhängig von Benchmarks kaufen, der hat meiner Ansicht nach irgendwo den Beruf verfehlt. Es konterkariert auch irgendwie die Verlinkung durch John Gruber, der sonst gerne und oft darauf hinweist, dass es nicht auf die Leistung ankommt, sondern auf das Gesamtpaket. Mir fällt da ehrlich gesagt ab und an nichts mehr zu sein. Vor der Veröffentlichung des Geräts arbeitet sich die Apple-Blogosphäre daran ab, dass Apple vorne liegt weil sie ja das bessere Ökosystem haben, dass sie mehr Musik-Labels unter einem Dach vereinen als Google (MG Siegler in der Talkshow – 25% der Musik würde immer noch fehlen bei Google Music weil sie Warner nicht mit an Bord haben), dass Android immer noch, entgegen der Vorhersagen von Eric Schmidt, nicht „first“ seien bei der Entwicklung von Apps…

Aber hey sobald wir einen ePeen-Vergleich haben mit Zahlen die das iPhone vorne sehen verbreiten wir die Benchmarks wie verrückt. Jetzt sind „wir“ ja wieder vorne.

Ganz ehrlich – Hü oder Hott

Entweder oder. Es wirkt einfach ziemlich traurig wenn man solcherlei Zitate übernimmt und einen auf „Ha ha Samsung, wir sind schneller macht“. Sowohl John Gruber als auch Alex Olma machen es irgendwo richtig. Gruber weist darauf hin, dass Apple nunmehr das für die „Post PC Ära“ (ich hasse den Begriff) seien, was Microsoft und Intel für die PC-Ära waren. Sprich: Apple stellt nunmehr seine eigenen Prozessoren her und produziert ein eigenes Betriebssystem. Sie sind Microsoft und Intel in Personalunion. DESHALB haben sich die 500 Millionen Dollar gelohnt. Apple kann die Mikropozessor-Architektur so anpassen, dass ihre eigenen Programme schneller laufen. Wer Informatik studiert hat (wie ich zum Bleistift) wird dabei gelernt haben, dass Software vielfach eine komplexere Version von Hardware ist. Apple macht hier genau das Umgekehrte, und das ist es, worauf Gruber hinaus will.

Es kann durchaus sein (nur die Prozessoringenieure von Apple werden es genau wissen), dass Apple die Anforderungen an die Benchmarks z.B. des SunSpider, durch optimierte Cortex-A15-Designs beschleunigt haben. Ich weiß das klingt alles etwas kompliziert, aber man stelle sich das so vor, dass wenn ein Browser bestimmte Dinge häufig tun muss, dann lohnt es sich, auf dem Hauptprozessor diese Dinge durch speziell dafür optimierte Schaltungen zu beschleunigen. Auch wenn das Beispiel vielleicht nicht passt sagen wir einfach mal man müsste ganz viel Gleitkommaberechnungen machen um eine JPEG-Grafikdatei darzustellen (ob das wirklich so ist, weiß ich nicht). Also ist es intelligent, einen Browser von der Stange, wie die ARM-Prozessoren nun einmal welche sind, zu nehmen, und z.B. dem Teil auf dem Prozessorchip (dem DIE) der die Gleitkommaberechnungen durchführt, eine Optimierung zukommen zu lassen. Z.B. indem man mehrere parallele Rechenwerke dafür einbaut, mehr als die Prozessor-Version von der Stange drauf hat. Das verbraucht dann vielleicht mehr Strom, aber dem wirkt man entgegen indem man einfach die Taktfrequenz senkt (auf 1,2 GHz beim A6). Das ist natürlich alles jetzt geraten.

Kurz gesagt das iPhone kann Webseiten schneller aufbauen, fühlt sich dadurch schneller an, und wird deshalb von den Leuten im Laden eher gekauft weil sie beim Ausprobieren feststellen, dass das Samsung Android-Smartphone daneben die gleiche Seite langsamer darstellt als das iPhone.

Grundsätzlich zeigt dieses Beispiel aber auch, wie problematisch standardisierte Benchmarks sind. Es kann, wie gesagt, durchaus sein, dass Apple jetzt nicht nur seine Rendering-Engine im Betriebssystem (iOS 6) optimiert hat auf den Benchmark, sondern auch den Hauptprozessor (den A6). Das ist ungefähr so als ob man ein Auto auf den standardisierten Verbrauchstest Landstraße/Stadt/Autobahn optimiert und dann kommt man auf 3,9 Liter für einen neuen Audi A3 Diesel raus, der dann im normalen Alltagsbetrieb 5 Liter verbraucht.

Es kann also durchaus sein, dass die Samsung-Handys nur auf dem Benchmark langsamer sind. Muss aber nicht. Oftmals kann es sein dass wenn eine sehr beliebte Webseite (sagen wir Facebook oder die New York Times) ihr Layout ändern dies viel mehr Einfluss auf die Darstellungsgeschwindigkeit hat als jede Rendering-Engine oder der Hauptprozessor. Von daher wäre ich immer und jederzeit vorsichtig mit dem Veröffentlichen von Benchmarks (wie dem obigen). Es ist natürlich nett, dass das iPhone dort jetzt vorne liegt, aber alleine schon die Tatsache dass das iPhone nur alle 12 Monate neu aufgelegt wird gegenüber der Tatsache dass alle vier Wochen neue Android-Handys rauskommen UND die Linley-Group von „drei Monaten Vorsprung“ redet, unterstreicht ja schon, dass in drei Monaten die Welt wieder ganz anders aussieht – und bis nächsten September, sprich neun Monate lang, ist Apple dann wieder nicht mehr erster.

Kurz gesagt: auf drei Monate „Erster!“ kann man sich genau so viel einbilden wie die Leute die „Erster!“ unter einem Artikel kommentieren. Von daher ist es schön für die Linley Group, dass sie Samsung einen reinwürgen können. Hauptsache sie melden sich dann im Januar zurück und teilen uns mit, dass Samsung jetzt wieder neun Monate die Nase vorn hat. Oder man lässt den Unsinn einfach gleich ganz weg.

Apples Handys werden nicht wegen Benchmarks gekauft

Sondern weil sie tolle Fotos machen, weil das Display nicht verkratzt, weil das neue iPhone 5 so schön leicht ist und dünn und weil jetzt Facebook direkt mit eingebaut ist und weil ich alle meine Musik in iTunes habe – ergo ab Ende Oktober wenn das neue iTunes rauskommt ist vielleicht sogar ein Grund, warum man sich das iPhone 5 kauft, dass Apple iTunes hat und nicht mehr OBWOHL es iTunes hat und so weiter und so fort.

Meiner Ansicht nach wird eher umgekehrt ein Schuh draus. Apple kauft für 500 Millionen Dollar zwei Firmen, die Prozessoren designen.

Warum ist es dann so eine Großartigkeit, dass Apple jetzt eigene Prozessoranpassungen vornimmt? Ist es nicht eher so dass man das hätte erwarten können? Mehr noch – ist es nicht sogar so dass in der Vergangenheit es eher noch viel genialer war, was die Geräte geleistet haben, obwohl man den Prozessor NICHT selbst designet hat? Und war nicht früher der PowerPC bei IBM von Apple nicht auch irgendwie „in Auftrag“ gegeben? Und ist Apple nicht vielleicht immer noch Abhängig von anderen, weil sie eben keine eigenen Prozessoren herstellen können? Sprich weil sie keine eigenen Fertigungsstraßen haben?

Apple ist nicht Microsoft und Intel zusammen

Intel stellt selbst Prozessoren her. Apple tut dies nicht. Sie layouten Prozessoren, mehr nicht.

Vorher haben sie das CPU-Design von ARM lizenziert – heute lizenzieren sie das Design und kaufen sich das Recht dazu, es zu verändern. Apple wird erst Microsoft und Intel in einem sein, wenn sie eigene Herstellungskapazitäten haben. Zum Geier – sie lassen die Dinger ja sogar von Samsung produzieren, der Firma, die sie neulich noch verklagt haben. Ihrem Hauptkonkurrenten.

Von daher ist Apple wohl weiterhin lediglich „Microsoft und Intel zusammen“ weil sie mehr Geld scheffeln als beide zusammen. Was die Herstellung angeht sind sie genau so abhängig von anderen wie Microsoft von Intel und umgekehrt

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2 Antworten

  1. mumpitzer sagt:

    „Wer im Jahre 2012 immer noch glaubt, dass Käufer ihre Geräte abhängig von Benchmarks kaufen, der hat meiner Ansicht nach irgendwo den Beruf verfehlt.“

    Sorry, aber das ist Bullshit. Wer so etwas behauptet, hat scheinbar noch NIE ein Smartphone VERkauft. Sicherlich kann man bahupten, dass ein Teil der Käufer nach der Bedienung der Benutzeroberfläche, nach Gerätedesign u.a. Aspekten kauft, aber genau so viel Kunden lesen in der ComputerBild die Benchmarks und halten dann ein ACME-Smartphone für das Beste. Sie kaufen es ungetestet (man hat keine Lust und keine Zeit sich zu belesen und vertraut auf die Meinung der Meinungsmacher = Presse) und finden sich trotzdem cool, obwohl es hier und da hängt und man keine Apps mehr installieren kann weil der interne Speicher voll ist und nicht alles auf SD verschiebbar ist.

    Ich weiss nicht was du beruflich machst, aber stell dich bitte mal einen Monat in den Laden und du hörst Kundenmeinungen von denen du nicht mal träumen wolltest. Beispiele: iPhone funktioniert nur wenn man einen Mac hat – Apple bekommt meine Daten nicht, ich geb sie lieber Google – Apple klaut von Samsung – Das S3 ist trotzdem schneller als das iPhone 5, denn es hat einen QuadCore Prozessor – usw.
    Woher kommen wohl solche Meinungen? Durch Mundpropaganda ala „Stille Post“, Halbwissen und Medien die lieber Bullshit schreiben, aber Hauptsache sie schreiben….

    Nachtrag: Ich hab den Post nur halb gelesen. Du schreibst eindeutig zuviel Zeilen um innerhalb einer vernünftigen (Lese-)Zeit zu deinen Aussagen zu gelangen.

    • Sebastian Peitsch sagt:

      Hm ich finde interessant dass Du sagst die Leute kaufen ihr Smartphone abhängig von Benchmarks und dann bringst Du Beispiele die alle nichts mit Benchmarks zu tun haben.

      Ich habe nicht geschrieben, dass die Leute ihr Smartphone nicht nach den lustigen Schulnotensystemen kaufen, sondern dass sie ein Handy nicht kaufen weil es einen 1,4 GHz Snapdragon hat und das iPhone 5 liegen lassen weil dort nur ein A6 mit 1GHz drin ist.

      Wann hast Du das letzte Mal im Laden von jemandem gehört dass sie kein iPhone wollen weil das im Sunspider so langsam ist?

      Hab irgendwie das Gefühl dass Du nicht genau wusstest, was ich mit „Benchmark“ meine.