In Geschirrspülmittel?!?

Screenshot: YouTube

Apple hat in den USA neue Werbungen herausgebracht. Die Meinungen dazu gehen „etwas“ auseinander. Auf „The Verge“ nahmen die „olympischen“ Werbespots in den Kommentaren locker die 1000er-Hürde. Wobei das auch nicht wirklich viel heißt. Erwähne bloß niemand die Worte „Sony“ und „Design“ zu nah beieinander, da platzt vielen Leuten offensichtlich der Kopf.

Wie auch immer, hier zur Ansicht alle drei bekannten Spots. Kommentar darunter. Brav angucken, dauert nicht lang.


Werbung 1: 88% negative Bewertungen auf YouTube


Werbung 2: 91% negative Bewertungen auf YouTube


Werbung 3: 90% negative Bewertungen auf YouTube

Meine Meinung dazu: ich finde die Werbungen ok. Sie richten sich zum ersten Mal an die breite Masse, in der Apple nunmal angekommen ist. Viele beschwören jetzt den Geist von Steve Jobs und dass mit ihm sowas ja nie passiert wäre. Mich amüsiert das. Und zwar aus zweierlei Gründen.

Zum einen ist der Einzige Unterschied zu den „I am a PC / I’m a Mac“-Werbungen einfach nur der, dass der Mac bzw. Apple in diesen Werbungen nicht mehr als der geilste, hippeste neue Scheiß dargestellt wird. Anstatt dass das Produkt cool ist, ist es hier der „Apple Genius“, der allen Kunden, auch denen mit noch so dummer Frage, bereitwillig und freundlich hilft. Es ist nachvollziehbar dass die Leute, die sich bis zum Erbrechen einen auf ihr ach so hippes Apple-Produkt pellen, von solcherlei Werbung abgestoßen werden, nach dem Motto „Wie bitte? Ich bin eventuell einer von DIESEN Doofmännern die nix gebacken bekommen? Schweinerei“. Dazu natürlich, selbstverständlich, und bei DEN Kommentarzahlen ein kleiner, sicherlich nötiger Hinweis, damit ich nicht deswegen angepflaumt werde: man kann hier das „Apple“ streichen und alles von Linux bis Modellflugzeug einsetzen, ich kenn nur gerade sehr wenig Modellflugzeughersteller die „1984“ in ihrer Werbung mal persifliert hätten, von daher: locker bleiben. Merke: wenn Dich dieser Absatz aufregt, dann bist Du genau die Zielperson, die ich beschreibe 😉

Zum Anderen habe ich vor dem Ansehen dieses Videos meinem Vater bei einem „Computerproblem“ helfen dürfen. Das Problem war dabei den Problemen der Apple-Kunden in den Werbespots ähnlich. Sehr ähnlich. Und sie haben mir vor Augen geführt, dass ich meinem Vater schon vor zwei Jahren eigentlich einen Mac kaufen wollte, dann aber doch wieder eine Windows-Maschine hingestellt habe. Viele der Dinge, die ich bei meinem Support-Anruf wieder bemerkt habe, wären bei Apple ganz einfach zu lösen gewesen. Bei Windows sind sie ein Kraftakt. TimeMachine gibt es bei Windows nicht. Die Backups von Windows-Backup werden riesig. Wenn ein Fehler passiert, meldet sich das System nicht. Deshalb macht mein Vater keine Backups (mehr). Mitbekommen hat er das nicht – ich habe es erst gesehen, als ich mal die Fehlermeldungen selbst aufgesucht habe in den Systemeinstellungen. Warum kein dauerhafter Warnhinweis eingeblendet war ist mir schleierhaft. Timemachine wäre da besser gewesen. Die Fernwartung an sich musste über TeamViewer passieren, da die in Windows eingebaute Fernwartung mir zu unsicher ist. Neulich erst wieder gab es dort ein riesiges Sicherheitsloch. Und Abschließend: mein Vater benutzt generell einen PC nicht wie ich. Er speichert nichts zwischen. Er speichert nicht unter anderem Dateinamen ab, nur um sicher zu gehen. All dies sind Dinge, die jemandem wie mir, der PCs verfügbar hatte, als er zehn Jahre alt war, nie im Leben einfallen würden. Ich stehe da und verstehe nicht, warum mein Vater Vieles nicht so macht, wie ich es mache. Dabei ist mein Verhalten doch logisch.

Nein, ist es nicht. Es ist MEIN Anwendungsverhalten. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch ANDERE Anwendungsverhalten gibt. Wenn mir niemand sagt, dass ich Backups machen soll, mache ich es nicht. Wenn ich nicht dran erinnert werde, wiederhole ich sie nicht. Wenn mir niemand sagt, dass ich mehr als ein Backupmedium brauche, und dass TimeMachine kein Backup ist, dann mache ich kein sicheres Backup. Wenn ich nicht „Speichern unter“ drücke, mache ich keine Sicherungskopien. Und wenn ich kein neues Abo kaufe, habe ich keine aktuellen Virensignaturen.

All diese Probleme gibt es bei Apple nicht, weil Apple den „dummen“ User versteht. Und an den sind diese Werbebotschaften gerichtet. Hey, Du verstehst nichts von Computern? Dann ist ein Mac genau das richtige für Dich. Lass Dich nicht von irgendwelchen Kistenschubsern verarschen, kauf einen ECHTEN Mac. Mit all den Dingen, die Du brauchst – Posterbücher, Postkarten, Hochzeitsvideos. Alles ganz einfach. Mit Leuten, die Dir helfen. Ganz für umsonst, Du musst nur vorbeikommen.

Ich verstehe dabei einfach nicht, dass Apple-Käufer der ersten Stunde nicht begreifen, dass genau diese Käuferschicht seit Jahren für die Explosion der iPhone- und iPad-Käufe gesorgt haben. Jetzt will Apple diese Kunden abholen und zum Kauf eines Mac bringen.

Das ist intelligent. Das ist wirtschaftlich richtig. Und man muss den Kunden dabei entgegen kommen, und sie da abholen, wo sie sind. Wenn man ihnen einen „echten“ PC verkaufen will, dann muss man ihnen dabei sagen, dass mit einem Mac auch „echte“ Probleme gelöst werden können, die jeder ganz einfach innerhalb kürzester Zeit (mit ein wenig Hilfe) lösen kann. Selbst kurz vor der Landung. Selbst wenn das Baby gerade kommt. Nur halt nicht mit einem Gerät, das ja „quasi“ ein Mac ist.

Ich sag nur Ultrabook.

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4 Antworten

  1. Christian Augustin sagt:

    Gut gebrüllt, Löwe! 😉

    Manchmal schießt Apple beim „Vereinfachen“ zwar über’s Ziel hinaus – z.B. bei der Idee, das meine (!) Dokumente (Texte, Bilder, Videos, Audio) in „ihren“ Apps eingekerkert werden, statt dass sie z.B. in einem Projekt beisammenstehen – aber insgesamt schaffen sie es, Nicht-Geeks besser abzuholen als andere Hersteller.

    Aus diesem Blickwinkel (Nicht-Geeks als Zielgruppe) sehe ich schwarz für’s Surface und Windows 8 (ist wohl eher Enterprise als Zielgrupp). Wir werden’s sehen. A propos: Weiß eigentlich jemand, wofür „RT“ stehen soll? Real Trash?

    • Sebastian Peitsch sagt:

      Ich gestehe Microsoft auch irgendwie nicht diese Fähigkeit zu, zu verstehen, wie „einfach“ geht.

      Wenn bei Apple nur dieser ganze Skeuomorphismus-Käse nicht wäre. Egal wie „doof“ jemand ist, er braucht kein „echtes Lederimitiat“ an seinem Kalender um ihn als solches zu erkenne 😉

  2. Selcuk sagt:

    Wieder einmal ein sehr guter Beitrag Sebastian.
    Wäre ich so gewandt, dann hätte ich es schon vor Jahren geschrieben.